Sexuell anders - was ist schon normal?

Schwule, lesbische, bisexuelle und transidente Menschen sowie Personen mit besonderen sexuellen Neigungen wie BDSM (Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism) befürchten häufig, vom Therapeuten/von der Therapeutin in ihrer sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität und Lebensweise nicht angenommen und verstanden zu werden.

In der Psychotherapie möchte man sich öffnen, ohne Angst haben zu müssen, als exotisch, krank oder pervers zu gelten. Eine aufgeschlossene Haltung  gegenüber vielfältigen sexuellen Orientierungen, Gender-Identitäten und Lebensstilen sowie sexualwissenschaftliches- und therapeutisches Fachwissen und Genderkompetenz seitens des Therapeuten/der Therapeutin sind entscheidende Voraussetzungen, damit Hetero-Normalität und das Leiden an ihr im Rahmen der Psychotherapie produktiv hinterfragt werden können.

Die Frauenbewegung sowie die Bewegungen der Schwulen, Bisexuellen, Lesben sowie der Trans- und Intersexuellen haben mit ihrem Engagement für Menschen jenseits der heterosexuellen Norm viele Rechte erkämpft. Zu den Errungenschaften der vergangenen Jahre im Bereich der gleichgeschlechtlichen Liebe zählen in Österreich die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in Form der eingetragenen Partnerschaft; der Zugang zur Adoption und Pfegeelternschaft für Lesben und Schwule; sowie die Möglichkeit für lesbische Paare, medizinisch unterstützte Fortpflanzung in Anspruch zu nehmen.

Trotz all dieser Fortschritte sind wir jedoch weit von einer umfassenden Gleichstellung von homosexuell lebenden und liebenden Menschen entfernt. Die eigene sexuelle Orientierung anzuerkennen und diese öffentlich zu leben, stellt für die meisten Schwulen und Lesben immer noch eine große Herausforderung dar. Die Unsicherheit, wie das soziale Umfeld auf das “outing” reagieren wird, macht es mitunter schwer, sich anderen anzuvertrauen. Besonders groß ist immer noch die Angst, die eigenen Eltern zu enttäuschen und von ihnen abgelehnt zu werden. Werden Angehörige über die sexuelle Orientierung ins Vertrauen gezogen, so trifft sie diese Mitteilung in der Regel nicht ganz unvorbereitet.

Meist gab es schon über einen längeren Zeitraum eine gewisse Ahnung, dass das eigene Kind bzw. Geschwister homosexuell sein könnte. Befangenheit seitens der Familienmitglieder hindert diese nicht selten daran, die Initiative für ein Gespräch zu ergreifen.

Ein beratendes Informationsgespräch bietet Eltern von homosexuellen Kindern die Möglichkeit, sich mit den Fragen, die sie in diesem Zusammenhang beschäftigen, auseinanderzusetzen. Ein Zuwachs an Sicherheit trägt meistens dazu bei, auf den schwulen Sohn bzw. die lesbische Tochter entspannt zugehen und das Kind somit unterstützen zu können.

Sexuelle Orientierung – jenseits der Zuordenbarkeit

Manche Menschen können sich mit ihrem sexuellen Erleben in den Kategorien “schwul”, “lesbisch” und “bisexuell” nicht oder nur unzureichend wiederfinden. Es gibt Menschen, die in heterosexuellen Partnerschaften leben, aber gelegentlich Kontakte zu Angehörigen des gleichen Geschlechts haben. Einige von ihnen würden sich aber nicht als bisexuell bezeichnen. Manche Frauen fühlen sich sexuell zu Männern, emotional aber stärker zu Frauen hingezogen. Lebt eine Frau dann in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft,  findet sie womöglich keine der bestehenden Kategorien für sich ganz zutreffend.

Dann wiederum gibt es Frauen und Männer, die sich vorwiegend zu transidenten Menschen hingezogen fühlen, mit denen sie eine gleich- oder gegengeschlechtliche Beziehung eingehen.

Wie man sieht, gibt es eine, mitunter verwirrende, Vielfalt an sexuellen Orientierungen und Beziehungskonstellationen, die sich der binären Geschlechterordnung (männlich – weiblich; homosexuell – heterosexuell) entziehen. Den zahlreichen und immer wieder neu entstehenden Variationen in Bezug auf Sexualität, Geschlecht und Lebensweisen versucht man, mit dem Begriff  “queer” eine Heimat zu geben.

 

Psychotherapeutische Angebote

Bei Fragen des Coming-Out, der Vereinbarkeit von heterosexuellem Lebensentwurf und homosexueller bzw. bisexueller Orientierung sowie bei der Bewältigung von diskriminierenden Erfahrungen kann man sich gerne an mich wenden. Wer aber als schwuler Mann und als lesbische Frau ein Problem hat “wie jede(r) andere auch” und dieses in einem vorurteilsfreien Klima bearbeiten möchte, dem stehe ich auch gerne zur Verfügung.

Bei manchen Menschen stimmt das biologische Geschlecht nicht mit ihrem psychischen Geschlecht überein. Diese Diskrepanz erzeugt meist einen – oftmals über viele Jahre bestehenden – Leidensdruck. Transidente Menschen haben den Wunsch, in der eigenen Geschlechtsidentität zu leben und darin soziale Bestätigung zu erhalten. Psychotherapeutische Begleitung kann dabei helfen, herauszufinden, mit welchen Schritten dieses Ziel individuell am besten erreicht werden kann. Transsexuelle Menschen suchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihres Lebens psychotherapeutische Beratung. Manche haben sich bereits dafür entschieden, sich einer Hormontherapie und geschlechtsangleichenden Operationen zu unterziehen. Andere wiederum wollen erst einmal ihrem Unbehagen gegenüber ihrem Geburtsgeschlecht “auf den Grund gehen” und etwaige Konsequenzen überdenken. Die einen leben schon seit langem in der sozialen Geschlechtsrolle, die ihrer Identität entspricht, andere verleihen ihrem Wunschgeschlecht nur im geschützten Rahmen Ausdruck.

“Wie viel Verständnis ist im Falle eines öffentlich gemachten Geschlechtswechsels von den Eltern und der Verwandtschaft zu erwarten?” “Welche Auswirkungen hat dieser Prozess auf die Partnerschaft, in der man lebt?”  “Mit welchen Reaktionen ist am Arbeitsplatz zu rechnen?”  Das sind wesentliche Fragen, vor die sich transsexuelle Menschen gestellt sehen. Psychotherapie kann dazu beitragen, das Selbstbewusstsein und den sozialen Rückhalt zu stärken, um diese Herausforderungen gut bewältigen zu können. Das Einbeziehen von Angehörigen, Partner_innen oder Freund_innen in das eine oder andere psychotherapeutische Gespräch kann das gegenseitige Verständnis erleichtern.

Manche Menschen lassen sich körperlich nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen. In einer Gesellschaft, die nicht mehr als zwei Geschlechter gelten lässt, ist Mehrdeutigkeit jedoch nicht vorgesehen. So muss jedem Kind nach der Geburt eines der beiden Geschlechter zugewiesen werden. In der Medizin ist man mit Eingriffen zur Vereinheitlichung des Geschlechts inzwischen zurückhaltender geworden, da Betroffene auf das ihnen dadurch zugefügte Leid vermehrt hingewiesen haben. Falls medizinische Maßnahmen aus gesundheitlichen Gründen erforderlich sind, wartet man heutzutage damit, bis die Betroffenen ein Alter erreichen, in dem sie einsichts- und einwilligungsfähig sind. Intersexuelle kämpfen um ihr Recht auf Sichtbarkeit in der Gesellschaft, das ihnen einen Platz auf der Skala zwischen den beiden Geschlechterpolen und jenseits von ihnen zugesteht. Psychotherapie bietet einen Rahmen, um zu entdecken, wie das körperliche und psychische Geschlecht eine dem aktuellen Erleben angemessene Verkörperung finden können.

Aus heutiger psychotherapeutischer Sicht wird keine scharfe Trennlinie zwischen gesunder und kranker Sexualität gezogen. Das Vorliegen besonderer sexueller Vorlieben alleine, wie etwa Fetischismus oder Sadomasochismus, wird in der Psychotherapie und Sexualmedizin nicht als Störung betrachtet. Vielen Menschen gelingt es, ihre speziellen Neigungen innerhalb ihrer Partnerschaft oder in der Subkultur auszuleben und diese somit störungsfrei in ihr Leben zu integrieren.

Ein Behandlungsbedarf besteht nur dann, wenn dadurch für die Person selbst oder andere ein Schaden entsteht. Das sexuelle Verlangen kann, insbesondere in persönlichen Krisenphasen, ein übersteigertes Ausmaß annehmen, sodass das Arbeitsleben oder die Partnerschaft gefährdet sind.

Pädophilie

Der Mensch kann sich seine sexuellen Neigungen nicht aussuchen. Die Grundlagen für unsere sexuellen Phantasien entstehen bereits in der Kindheit und kommen im Laufe der Pubertät zur Entfaltung. Manche Menschen haben Probleme mit ihrem sexuellen Verlangen, da Moral und Gesetz deren Ausleben nicht gestatten. Dies ist dann der Fall, wenn anderen Schaden daraus erwächst, wie etwa im Falle der Pädophilie. Pädophilie, auch Pädosexualität genannt, bezeichnet das sexuelle Begehren gegenüber Kindern. Personen, in den meisten Fällen Männer, die so empfinden, haben Angst vor der gesellschaftlichen Abstempelung zum Kinderschänder. Daher wagen Betroffene es meistens nicht, sich jemandem anzuvertrauen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Pädosexuelle Personen haben ein Recht auf psychotherapeutische Behandlung, die sie nicht wegen ihrer sexuellen Neigung verurteilt, sondern ihnen dabei hilft, einen verantwortungsvollen Umgang mit ihrer Sexualität zu entwickeln und somit nicht zum Täter zu werden.

Exhibitionismus

Männer, die sexuelle Lust dabei empfinden, ihr Genital vor Fremden in der Öffentlichkeit zu entblößen, werden als Exhibitionisten bezeichnet. Sie verletzen dabei die Intimsphäre anderer und können ihnen dadurch psychischen Schaden zufügen. Trotz zahlreicher Anzeigen und gerichtlicher Verurteilungen ist es ihnen oftmals nicht möglich, ihr Verhalten einzustellen. Auch sie benötigen psychotherapeutischen Beistand, der ihnen dabei hilft, Kontrolle über ihre sexuellen Impulse zu erlangen.