Sexualität und Behinderung

Menschen mit einem Handicap treffen in unserer Gesellschaft immer noch auf Barrieren bei der Verwirklichung ihrer sexuellen Wünsche. Je mehr “das Anderssein” einer Frau oder eines Mannes von der Vorstellung eines unversehrten Körpers und attraktiven Erscheinungsbildes abweicht, desto weniger wird die- bzw. derjenige als sexuelle Person wahrgenommen. Kinder mit einer Beeinträchtigung besuchen nach wie vor oftmals Behinderteneinrichtungen und sind alleine schon dadurch von der Mehrheit der Gleichaltrigen abgesondert. Die sexuelle Sozialisation von Menschen mit und solchen ohne ein wahrnehmbares Handicap findet daher in getrennten peer-groups statt. Eine Teilhabe an der Jugendkultur ist für viele Jugendliche mit Handicap nicht oder nur mit viel Aufwand möglich. Der Zugang zu Informationen über Sexualität, Liebe und Partnerschaft sowie die Gelegenheit, erste sexuelle Erfahrungen sammeln zu können, sind erschwert.

Auf Grund des Engagements der Behindertenbewegung wird Menschen mit Handicap das Recht auf selbstbestimmte Sexualität mittlerweile zumindest grundsätzlich zugestanden. Da unsere Gesellschaft von einer sozialen Inklusion aller Menschen weit entfernt ist, bestehen gegenüber Menschen mit Handicap nach wie vor Berührungsängste. Sexuelle Begegnungen und partnerschaftliche Beziehungen zwischen Menschen mit und solchen ohne Handicap kommen daher immer noch selten zustande. Menschen mit Beeinträchtigung haben ein besonders hohes Risiko, Opfer von sexueller Gewalt zu werden. Die Gesellschaft trägt durch Ausgrenzung und unzureichende Befähigung zur Selbstbestimmung zur Verletzlichkeit von Frauen und Männern mit Handicap bei.

Menschen mit einer Beeinträchtigung sind genauso oft schwul und lesbisch oder transsexuell bzw. haben sie unterschiedliche sexuelle Vorlieben wie andere auch. In den entsprechenden Szenen und communities haben sie – trotz des dort bestehenden Anspruchs auf Inklusion –  nach wie vor wenig Raum und Sichtbarkeit. Von Konzepten zur queeren Sexualität, die sich unter anderem mit der sozialen Herstellung von Versehrtheit und Unversehrtheit beschäftigen, gehen anregende Impulse aus.

Menschen mit Handicap haben, wie die meisten anderen Menschen auch, den Wunsch, eine Partnerschaft einzugehen und eine Familie zu gründen. Das Recht auf eigene Kinder wird Frauen und Männern mit einer Beeinträchtigung nach wie vor nicht selbstverständlich zuerkannt. Es wird ihnen oft unhinterfragt die Fähigkeit abgesprochen, Kinder zu erziehen. Gerade in diesem Fall zeigt sich deutlich, wie sehr der Begriff der Behinderung von einem sozialen Verständnis abhängig ist. Viele Eltern, die nicht als behindert gelten, benötigen Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder. Mütter und Väter mit Handicap haben auch ein Recht, bei Bedarf angemessene Hilfe zu erhalten.

Falls die Fruchtbarkeit auf Grund des Handicaps oder wegen anderer Ursachen beeinträchtigt ist, so haben  Menschen mit Handicap, wie alle anderen auch, das Recht, medizinisch unterstützte Fortpflanzung in Anspruch zu nehmen.

Der vom Bundesministerium eingerichtete IVF-Fonds bietet unfruchtbaren Paaren mit Kinderwunsch eine finanzielle Unterstützung bei der Künstlichen Befruchtung.
Der Fonds trägt 70% der anfallenden Behandlungskosten inklusive Medikamente bei 4 IVF-Behandlungs-Versuchen.

Eine Kenntnis der strukturellen Benachteiligung von Menschen mit Beeinträchtigungen sowie ein vorurteilsfreier Zugang sind Voraussetzungen für eine psychotherapeutische Behandlung.
Ich arbeite seit vielen Jahren mit Klient_innen mit unterschiedlichen Handicaps.